die Belair X 6-12 …hmmm

Vor einigen Wochen hatte die Lomographische Gesellschaft die Katze aus dem Sack gelassen und die Belair X 6-12 angekündigt. Wie einige meiner Fotobuddys war auch ich total hin und weg und wir haben beim 30% Preisnachlass für Preorder Kunden direkt die Karte gezückt. Mittelformat Lomo Kamera mit Retro Faltkamera look, Belichtungsmesser und 6×6, 6×9, 6×12 Fähigkeiten war da natürlich auch ein Grund. Was kann die Belair sonst so? Am besten schaut ihr kurz hier auf der Produktseite nach. Ich meinerseits war besonders vom 6×12 Format und den mitgelieferten zwei Wechselobjektiven (58 und 90mm) angetan, ein Hauptgrund des Kaufs.

Belair X 6-12 City Slicker

So kam sie also vor ein paar Tagen an, die Belair X 6-12 City Slicker. Und direkt mal ausgepackt. Grundsätzliches ein schickes Dingen mit gutem Mix aus modern und alt.

Die erste Vorfreude auf rausgehen und loslegen wurde dann erstmal direkt geschmälert, keine der nötigen Batterien im Lieferumfang. Ich kann mich nicht entsinnen das davon auf der Produktseite irgendwo die Rede war oder ist. Wäre ja auch übertrieben beim der Preis auch noch zwei 1.5V (LR44) Batterien hinzuzulegen. Aber das ist ja wie bei Druckern, das gibt es ja auch kein, meist notwendiges, Kabel „für umme“ dazu. Dafür aber dreissig Steckeradapter….. gut anderes Thema. Direkt losziehen war also nicht, man kann die Kamera zwar im sogenannten „N“ Modus (feste Verschlusszeit 1/125 sec.) ohne Batterien nutzen, aber das wäre ja nicht im Sinne eines Kurztests.

Nach dem Batterieschock, dann gleich die nächste Ernüchterung. Das die Variante „City Slicker“ der Belair aus Plastik ist wusste ich ja vorher, das das Ganze bei dem Preis aber so wackelig ist hätte ich dann doch nicht gedacht. Die gestanzten Metallteile schreien auch nicht gerade wertig. Nicht das ich jetzt was anderes erwartet hätte, aber das ist schon ein bisschen wenig. Finde ich. Natürlich kann man sich alles mit „lomo und so“ toll reden. Mach ich bei 250 € Normalpreis aber nicht. So in der Hand fühlt sich die Belair doch deutlich billiger verbarbeitet an als die Produktfotos vermuten lassen.

Objektive und Sucher lassen sich recht einfach wechseln bzw. anstecken und rasten gut ein, ebenso die Rückwand. Das ist gut. Aber gerade bei den Suchern habe ich das Gefühl das man die nicht allzu oft an und ab machen sollte. In die Tasche werde ich dir Kamera mit angesteckten Sucher definitiv nicht packen. Die Gefahr das er abbricht scheint mir sehr hoch.

Die Objektivplatte lässt sich einfach ausfalten, einklappen geht da schon deutlich hakeliger, da muss ich wohl mal mit Graphitpulver ran. Auch liegt, zumindest bei mir, das Frontteil im eingeklappten Zustand manchmal nicht richtig am Gehäuse an. Aber richtig nervig ist, das das Frontteil sich manchmal einfach selbst ausklappt wenn man die Kamera falsch anpackt. Die dünnen Plastiklaschen die das Fronteil am Body fixieren sollten sind nicht gerade die stärksten. Auch hier denke ich das sie über kurz oder lang wegbrechen können.

Der eigentliche Clou kommt noch. Der magische Filmtransport. Die eingelegte Filmrolle steht anscheinend so unter Spannung das sich der Film wie von Geisterhand immer einige Millimeter selbst transportiert. Das kann man durch ein und ausklappen des Frontteils noch forcieren. Soll heissen, bei jedem mal auf und zu transportiert der Film ein bisschen…

wundersamer filmtransport

der wundersame Filmtransport

Warum der B (Bulb) Modus an den Belichtungsmesser gekoppelt und somit abhängig von der Batterieversorgung ist, erschliesst sich mir auch nicht so ganz. Naja bei meiner Pentax 67 ist das ja auch so ;). Apropos Bulb, einen Kabelauslöser kann man nicht anschliessen, man muss den Auslöser die ganze Zeit gedrückt halten. Für richtige Langzeitbelichtungen leider kaum zu gebrauchen also.

Es gibt natürlich Halterungen für einen Kameragurt, der ist aber nicht dabei. Hallo Wien, selbst eine Holga für 20 € hat einen als Zubehör. Zumindest einen der für den Anfang reicht.

So, das hört sich jetzt alles natürlich erstmal ganz schön blöd an, immerhin sind ein gutes Handbuch und drei Putztücher dabei. Allerdings muss ich auch sagen das ich bereits recht interessante Bilder aus der Belair gesehen habe. Und selbige müssen das dann jetzt auch für mich rausreißen. Hier also ein paar Ergebnisse, 6×12.

belair test

Lowlight bei f/8, die längste Belichtungszeit der Belair wird mit EV4 benannt, bei f/8 also 4 Sekunden. 4sec hätten hier dicke reichen sollen. Das Verschlussgeräusch kam mir aber deutlich kürzer vor. Das Foto ist stark unterbelichtet. Das was man hier noch in etwa sehen kann habe ich mit dem Scanner rausgeholt. Auf einem weiteren Negativ bei dem 4sec bei ISO 400 hätten reichen sollen ist rein gar nichts zu sehen.

belair test

„Shoot from the hip“ klappt schon mal ganz prima mit der Belair. Das weite 6×12 Format ist hier natürlich besonders interessant.

belair test

Der schwiegerelterliche Treppenaufgang vom Keller. War recht dunkel die Ecke. Das hat der Belichtungsmesser gut hinbekommen. 58mm f/16. Schärfepunkt passt.

belair test

Das hier oft genannte Dachbodenfenster ;) in der Dämmerung. Klappte auch ganz gut mit dem Belichtungsmesser. 58mm f/16, Entfernung auf 1.5m eingestellt. Hätte schärfer sein sollen.

belair test

Der Aufstecksucher der Belair ist für genauere Arbeiten nicht zu gebrauchen. Das mittlere Garagentor war genau mittig gesetzt. Man sieht also nen ordentlichen Schlag nach links. Sehr schade. Da müsste man sich eventuell eingewöhnen. Für f/16 recht „unscharf“. Irgendwie habe ich den Eindruck das die Entfernungsskala beim meinem 90mm nicht so recht passt.

Fazit also. Der Bildlook lässt potential sehen, ich mag das schon was man da erkennen kann. Die Objekte sind jetzt nicht tot spannend aber es ging ja auch um ein paar Tests die bei der aktuellen Wetterlage möglich waren ;) Wer Holgas und andere Toycams mag, so wie ich, wird hier zufrieden sein. Drei Formate mit einer Kamera, das ist auch toll. Definitiv. Wobei ich das potential der Kamera wirklich im weiten 9×12 sehe. Die Verarbeitung finde ich persönlich für 250 € Normalpreis (momentan ist sie noch 15% günstiger zu haben) gelinde gesagt bescheiden. Keine Batterien im Lieferumfang, kein Kameragurt. Entscheidende Teile sind zu schwach verarbeitet. Das ist alles sehr schade.

18 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Da ich am WE hatte arbeiten müssen, konnte ich das unentschuldbare Fehlen der Knopfzellen verschmerzen, aber ein wenig hast Du einen weiteren Teil zur Ernüchterung beigetragen. In Sachen Verarbeitung herrscht bei uns ja größte Einigkeit. ;-)

  2. ja mir geht es ähnlich mit meiner Belair… bin leicht enttäuscht.. im zusammen geklappten Zustand rutscht das vordere Teil bei mir wieder raus :( auch von den ersten Ergebnissen.. obwohl der erste Film (6×9) besser war als der zweite (6×6). Mal schaun was beim dritten mit 6×12 raus kommt. Habe auch gelesen, daß sie wohl Probleme mit dem Unendlichfocus hat. Alles etwas traurig bei dem doch hohen Preis (also für mich hoch)

  3. bei meiner spult sich der film recht lose auf, so daß beim herausnehmen die ränder belichtet werden können. von 4 filmen waren 2 dabei. der geisterhafte filmtransport kommt durch die sogwirkung des balgen. ich glaube das ist auch der grund für die lose aufspulung.

  4. Danke für diesen kurzen Erfahrungsbericht.
    Deutliche Worte und für den Ein oder Anderen vielleicht ernüchternd.
    Ich habe den Eindruck, dass ich da auch bei meiner Pentacon Six bleiben kann :-).

    Bogi

  5. Also meine habe ich hete mittag reklamiert und bei der Antwort von Lomo, scheint das Dingen etwas zu floppen, war kein großes nachhaken, was wie genau!

    • Wenn Du diesen Beitrag noch etwas präzisieren könntest, würde ich ihn vielleicht verstehen. ;-)

  6. Danke für den Bericht. Er bestätigt für mich irgendwie das für mich vorhandene mangelhafte Preis-Leistungsverhältnis. Ich wollte Lomography auch mal ausprobieren, war aber nach dem ersten Ertasten schon enttäuscht… Irgendwie zuviel Plastik für den Preis…

  7. Ich sagte schon zu Tamara, dass die Entfernungsskala eigentlich ein Witz ist. Ich kenne das von meiner Kodak Junior, die nimmt auch auf 6×9 auf und dabei merkt man einfach, dass bei entsprechend großem Aufnahmebereich der Schärfebereich auch bei Blende 8 und Konsorten im Nahbereich so schmal wird, dass pi mal Daumen fokussieren einfach nicht funktioniert.

    Wobei da ohnehin die Frage ist, wie man damit an einer Kamera umgeht, die keinen Lichtschachtsucher o.ä. hat, in dem man die tatsächliche Schärfe beurteilen kann. Ich hab mir die Entfernungseinstellungen am Fokusring der Kodak Junior mit genaueren Zwischenstufen hochgerechnet und bin nur noch mit Maßband unterwegs, aber zur lomographischen Philosophie passt das Vorgehen nicht so ganz, glaube ich. ;)

    Insgesamt ja echt schade. Bin dann auch ganz froh, nicht zugeschlagen zu haben.

  8. Hatte auch schon mit der Belair geliebäugelt. Dank deinem ausführlichen Beitrag – nein Danke! Das ist mir das Geld nicht wert. Da warte ich lieber, bis die was Anständiges rausbringen oder aber ich kaufe für meine Großformatkamera ein Pano-Rückteil.

  9. Hallo,

    die unterbelichteten Fotos kommen unter Umständen durch eine Fehlbedienung zustande. Der Auslöser muss solange gedrückt werden, wie die gemessene Belichtungsdauer den Verschluss offen halten soll. In anderen Worten: misst der Belichtungsmesser eine Zeit von 1/8s und man halt den Auslöser keine 1/8s gedrückt, bricht die Belichtung vorher ab. Das ist recht nervig.

    Ich habe meine Fotos noch nicht wieder aus dem Labor, aber ich habe bei niemandem scharfe Fotos gesehen, das macht mich schon etwas nervös. Ich vermute, dass es viel mit dem richtig gesetzten Zonenfokus zu tun hat und ebenfalls mit der passenden Belichtungsdauer wenn man nicht mit einem Stativ fotografiert. Ich schätze, trotz ihres geringen Gewichts und der Größe wird die Kamera bei mir überwiegend auf dem Stativ mit f/16 zum Einsatz kommen, damit man einigermassen scharfe Fotos bekommt.

    Ich habe mir eins der neuen Glas Objektive bestellt und hoffe, dass die wesentlich schärfer sind. Ich hoffe ausserdem darauf, dass es vielleicht auch dritte geben wird, die Objektive anbieten werden.

    In Sachen Preis/Leistung muss man sich bei den Wienern immer ein bisschen auf einen kleinen ‚Betrug‘ einstellen. Der Materialwert und die Verarbeitung unterscheiden sich meistens stark von dem Marketing Bild, das zu einem Produkt gezeichnet wird. Ich würde das mit McDonald’s vergleichen. Die Produkte der Lomografischen Gesellschaft sind wie Hamburger. Auf dem Plakat Frisch und lecker, wenn man sie in der Hand halt lapprig und geschmackslos.

    Ich habe mir die Belair in the Metallbauweise gegönnt und am meisten stört mich ein spitzes gestanztes Teil, das am Boden heraussteht. Der Auslöser am Objektiv ist einfach falsch platziert, das Fehlen eines Kabelauslösers ist ebenfalls schlecht und den magischen Filmtransport sowie das fehlerhafte Aufspulen des Films habe ich auch schon erlebt.

    Alles in allem muss man bereit sein, etwas Geld zu verschwenden.

    Mit demselben Geld hätte man sich auf Ebay eine erstklassige SLR Ausrüstung zusammenkaufen können. Aber die habe ich eben schon…

  10. Pingback: norderney | the hometrail » fotografien / blog des fotografen marc von martial

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